Es gibt Orte, die sind etwas ganz Besonderes, in unserer schnellen, hektischen und digitalen Zeit. Ein Ort, den wir Euch vorstellen möchten, ist der Labyrinth-Platz in Framersheim. Mit seinen rund 2000qm nicht wirklich groß, aber eine echte Oase inmitten von Rheinhessen, welche dazu einlädt zur Ruhe zu kommen.
Wer nicht weiß, wo der Platz liegt, wird ihn vermutlich nicht finden. Man muss diesen sehr gezielt aufsuchen, denn der Weg durch die Felder und entlang der Windräder ist nicht unbedingt als besonders wertvoll zu bezeichnen und wird einen auch nicht zu einer längeren Wanderung in dieser Region animieren. Aber wenn ihr in der Region seid, lasst Euch diesen Platz nicht entgehen und nehmt Euch 2-3 Stunden Zeit, um Euch auf ihn einzulassen.
Anreise
Am besten parkt ihr in Framersheim in der Wormser Straße 60 am Sportplatz oder der Gemeindehalle. Dann geht es zu Fuß rund 20 Minuten den Berg hinauf über landwirtschaftliche Wege. (diese dürfen nicht ohne Genehmigung befahren werden). Die Wege sind größtenteils asphaltiert und geschottert und auch mit einem rollenden Gefährt zu bewältigen. Denkt aber an die Steigung. Ihr müsst ein paar Meter den 270 Meter hohen Hornberg hinauf.
Im Sommer geht ihr am besten in den Abendstunden oder am frühen Morgen hierher. Die Weinberge heizen sich sehr auf und auf der Strecke gibt es keinen Schatten. Wer schnell zu Sonnenbrand neigt, sollte sich unbedingt eincremen und einen Hut mitnehmen.
Ihr lauft immer auf die Windräder zu. Vor dem ersten oder hinter dem ersten Windrad biegt ihr links ab. Nach wenigen Metern stoßt ihr auf einen Weg. Diesen lauft ihr das letzte Stück nach rechts in Richtung grünes, zugewachsenes Grundstück mit den Bäumen. Auf diesem Stück steht auch ein großer Esstisch, welcher nach dem Labyrinthbesuch zu einer Rast mit Fernblick einlädt.
Der Labyrinth-Platz
Der Labyrinth-Platz wurde von Rita Breuder initialisiert und wird nun gemeinsam von der Gemeinde Framersheim getragen. Der Platz soll der Erde ihren Wert zurückgeben, im Umfeld von Agrar-, Atom-, Wind- und Müllindustrie. Es soll ermahnen und ein Zeichen setzen gegen Auszehrung der Natur und Rationalität. Dieser Platz soll ein Naherholungsort sein, an dem man sich erinnert, besinnt und neu ausrichten kann.
Dieser Platz ist eine kleine Oase und sobald man sich ihm nähert, wird man von seiner Aura gefangen. Bereits vom Weg ist der Kult-Ur-Baum zu sehen. Die drei Meter hohe Installation von Sigrun Aust-Job und Esther Böbel erinnert an die zahlreichen Bäume, welche besonders in Rheinhessen der intensiven Landwirtschaft weichen mussten.
Noch ein paar Meter und man erreicht den Zugang zu dem Platz. Dieser ist gesäumt von zwei auf Stelen stehenden Kunstwerken – die Sinnenhocker – Sehen und Sprechen. Wenige Meter entfernt steht der Sinnhocker Hören. Dieser lädt ebenfalls zum Staunen, anfassen und nachdenken ein. Was hörst Du, außer dem permanenten Hintergrundrauschen des Windrades? Hör genau hin!
Wenn man die Stelen passiert, wird man durch eine unglaublich schöne Fernsicht überwältigt. Ein Kontrast, der seinesgleichen sucht. Stehend auf einem naturnahen Stückchen Land, schaut man über die Felder, Weinberge, Dörfer bis rüber zu den Großstädten und den anschließenden Gebirgen.
Das Labyrinth – Zeichen des Lebens
Das Labyrinth gilt als eines der ältesten Symbole der Menschheit und verkörpert mit seinen zahlreichen Windungen den Lebensweg. Labyrinth ist ein verschlungener, einfacher Weg, dessen Linienführung unter regelmäßigem Richtungswechsel immer zum Ziel, dem Zentrum, gelangt.
Bereits 1200 v. Ch. gab es die ersten Labyrinthe in Griechenland und finden sich seither auf Gebäuden, Tafeln, Münzen, Felsritzungen. Der Klassiker ist das kretische Labyrinth, wie es auch hier vorzufinden ist. Hieraus entwickelte sich später das christliche Labyrinth, welches in vielen Kirchen auf dem Boden zu finden ist und oft zur Bußübung diente. Entsprechend der Kultur und religiösen Vorlieben gibt es zahlreiche Interpretationen und religiöse und spirituelle Aufladungen.
Selbstfindung und riesen Spaß
Aber ganz unabhängig von der eigenen Weltsicht, finde ich es extrem entspannend ein Labyrinth zu laufen. Man kommt langsam zu sich selbst, es kehrt Ruhe ein und das, was einem auf der Seele liegt, bekommt Raum. So kommen je nach Lebenssituation ganz eigene Themen zum Vorschein, über welche man nachdenken kann.
Für Kinder an sich ist das Labyrinth nur ein großer Spaß. Und wenn man mit mehreren Personen den Weg läuft? Auch das ist sehr spannend.
Mal läuft man in die gleiche Richtung, dann entfernt man sich voneinander, läuft in der nächsten Windung aufeinander zu und trifft sich am Ende in der Mitte. Auch hier gibt es sicherlich viel Interpretationsspielraum.
Eine sehr schöne weitreichende Ausführung und Gedanken zum Labyrinth des Lebens habe ich im evangelischen Gemeindeblatt gefunden. Sehr lesenswert, auch wenn man mit dem christlichen Glauben nicht sehr verbunden ist.
Das Framersheimer Labyrinth ist übrigens rund 700 Meter lang (hin und zurück) und hat einen Durchmesser von 34 Metern. Gebaut wurde es aus den Kalksteinen der Umgebung. Jeder für sich ein Unikat. In Summe liegen hier rund 300 Tonnen Steine, welche innerhalb eines Jahres auf dem Hornberg und der Umgebung zusammen gesammelt wurden.
Wer über das Laufen ins Nachdenken gekommen ist, kann seinen Gedanken weiter Raum lassen. Mehrere Sitzgelegenheiten laden zum Verweilen ein. Dabei verzaubert einen immer wieder die Aussicht und Weite.
Mit Kindern kann man ein Picknick veranstalten und den Tag einfach gemütlich ausklingen lassen. Etwas weiter unterhalb des Platzes gibt es auch einen festen Essplatz. Auf dem Platz steht ein Dixi-Klo.
Unser Fazit
Ein zauberhafter Ort, der eine kleine Auszeit vom Alltag bietet und die Seele auftanken lässt. Ob alleine oder mit der Familie. Er ist auf jeden Fall einen Aufenthalt wert.